Samstag, 24. Mai 2014

Bin ich aufgeregt?

Foto: Günther Ahner 
Ja, bin ich ... ein bisschen. Aber eigentlich bin ich eher gespannt. Morgen wird gewählt. Es ist Europawahl. Die ist wichtig, denn wir sind Europa.

Im Raum Stuttgart wird außerdem das Regionalparlament gewählt. Das ist für die Region wichtig. Und es finden Kommunalwahlen statt. Die sind mit die wichtigsten Wahlen für die Bürgerinnen und Bürger, denn die Zusammensetzung des Gemeinderats entscheidet darüber, was in der Stadt, in der wir leben, geschieht, wo gebaut wird, wo Parkplätze hinkommen und wie Fußgänger, Stadtbahnfahrer, Autofahrer und Radfahrer miteinander auskommen.

Ich stelle mich - wie die meisten meiner Leser/innen wahrscheinlich inzwischen wissen - für den Stuttgarter Gemeinderat zur Wahl. Ich stehe auf der Liste der Grünen auf Platz 19. Das ist kein sicherer Listenplatz. Ich müsste extra in den Gemeinderat hineingewählt werden. Es müssten Stimmen auf mich kumuliert werden.


Mein Thema ist das Radfahren in Stuttgart. Ich habe vor nicht ganz einem Jahr als Vielradlerin einen Blog angefangen, weil mich die Frage interessierte: Warum fahren Radfahrer so gern bei Rot über Ampeln? Daraus ist eine umfangreiche Analyse des Radverkehrs in Stuttgart geworden, die auch bei der Politik Aufmerksamkeit erregt hat. Der Fraktionsvorsitzende des Bezirksbeirats Süd hat mich gefragt, ob ich Bezirksbeiräten werden möchte, und zwar als Radspezialistin. Das bin ich geworden. Und kurz darauf dann Kandidatin für die Gemeinderatswahl.

Foto: Velotraum.de


Ich habe meinen Wahlkampf mit all meinen Kräften gemacht. Von den 1000 Radanhängern, die meine Schwester für mich entworfen hat, habe ich ungefähr 800 an abgestellte Fahrräder im Stadtbezirk gehängt. Vielen Dank an die Helfer, die ebenfalls Hänger verteilt haben.

Ich war mit dem Rad ständig auf Achse, zu Fuß auch.



Ich habe einen Stadtteilspaziergang mit Lisa Nerz veranstaltet (Tod im Lehen), der endlich die Frage beantwortet, warum auf dem Ölgemälde vom Hirrlinger Schloss, das in der Kneipe "Lehen" hängt, ein Radfahrer zu sehen ist.





Foto: Sebastian Banek
Dann eine Radtour durch Stuttgart (Radfahren ist kein Verbrechen), die schönsten Stecken, die kriminellsten Ecken und eine Lehrstück für alle Teilnehmer/innen über den Zwang für Radler, sich an manchen Stellen kriminell zu verhalten. Wir haben aber auch gelernt, dass man viel besser, als die meisten Radfahrer/innen glauben, auf der Fahrbahn radeln kann.




Foto: Peter Barth
Un eine Lesung in dem Innenstadt-Geschäft Love Ina (Mord und Mode), wo es nicht nur um die Frage ging, was die Leiche zum Mord anzieht und die Detektivin Lisa Nerz zur Aufklärung des Falls, sondern auch, wie man Leben in die unbelebte Ecke hinter dem Parkhaus am Rathaus bringen könnte.






Foto: Günther Ahner
Mein Plakat hing nicht an einem Laternenmasten, sondern geisterte durch Facebook. Ich war keine Kandidatin, die zu Podiumsdiskussionen eingeladen wurde. Mein Podium war online, wo ich mit mit vielen Leserinnen und Lesern meines Blogs "Radfahren in Stuttgart" und der dazugehörigen Facebookseite, diskutiert habe, über Räder, Radstreifen und das "kriminelle" Verhalten von Radfahrern, über mehr oder weniger Polizeikontrollen, auf Radstreifen geparkte Autos und so weiter.

Mir kam es darauf an, dass der Ton solcher Diskussionen sachlich und friedlich bleibt. Auch meine politischen Gegner haben dabei im Großen und Ganzen mitgemacht. Respekt!

Ich bin gespannt, ob diese Art von Wahlkampf genügend Stimmen bringt. Echt gespannt.

Die Wahl ist wichtig, ganz unabhängig davon, was mit mir passiert. Ein Gemeinderat ist eine ziemlich direkte Bürgervertretung. Dort sitzen keine Berufspolitiker sondern Bürgerinnen und Bürger mit einem Ehrenamt. Mehr Bürgerbeteiligung gibt es nur noch im Bezirksbeirat. Wer mitbestimmen will, was in seiner oder ihrer direkten Umgebung passiert, muss sich die Leute aus den Listen aussuchen, die seine oder ihre Position vertreten und sie unterstützen. Und er oder sie kann den Gewählten später jede Zeit anrufen.

Und wann werden wir es wissen? Am Wahlsonntag werden nur die Europawahl und die Regionalwahl ausgezählt. Am Montagnachmittag wird feststehen, wie viele Sitze die jeweiligen Parteien im Gemeinderat haben. Und erst am Dienstagnachmittag werden wir Kandidat/innen erfahren, wer von uns es nun in den Gemeinderat hinein geschafft hat und wer nicht. Ich kann mir eigentlich nicht so recht vorstellen, dass ich es schaffe.

Ich bin schon ziemlich aufgeregt. Muss ich zugeben.